Bedeutung des Glaubens

Der christliche Glaube, ungeachtet welcher Konfession, bildete für die bäuerliche Lebenswelt die allumfassende Grundlage des Lebens. Eine Freiheit der Wahl gab es schlicht nicht.

Nicht nur Glaubensinhalte lagen so für alle Menschen fest. Auch die weltliche Ordnung stützte sich vollkommen auf christliche Vorstellungen. Was etwa moralisch oder rechtlich gültig war, hatte christliche Grundlagen.

Nicht zuletzt wurde die Gesellschaft mit ihren unüberwindbaren Unterschieden so gefestigt. Dass es reiche und mächtige Bauern neben dem armen, nahezu rechtlosen Gesinde gab, galt als Wille Gottes.

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Kontroversen zwischen katholisch und evangelisch. Dekan und Pfarrer Matthias Koschar erzählt aus der Zeit um das Jahr 1800.

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Die Gemeinde

Der Dorfpfarrer

Im evangelischen Altwürttemberg stammte der theologische Nachwuchs hauptsächlich aus einheimischen Pfarrer- und Beamtenfamilien und damit aus dem gehobenen Bürgertum und einer selbstbewussten Honoratiorenschicht. Mindestens ein Pfarrerssohn wurde wieder Geistlicher. Man blieb unter sich …

Gerade die altwürttembergische Geistlichkeit erhielt eine breit gefächerte Ausbildung. Die Pfarrer stachen also aufgrund ihres hohen intellektuellen Niveaus aus der Dorfbevölkerung heraus. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein waren die Pfarrer auf dem Dorf die einzigen wirklich Gebildeten.

Obwohl dem Pfarrer eine herausragende und mächtige Stellung in einem Dorf zukam, war seine Besoldung bis ins 19. Jahrhundert recht dürftig. So blieb dem Dorfpfarrer in der Regel nichts anderes übrig, als eine eigene Landwirtschaft zu betreiben, wenn er sein Überleben sichern wollte. Hier war er dann Bauer unter Bauern.

Stilisiertes Bild von betenden Händen vor gelbem Hintergrund.

Die Gläubigen

Der Kirchgang war Pflicht. So versammelte sich sonntags und zu allen anderen gebotenen Anlässen das gesamte Dorf in der Kirche. Die Gleichheit der Gläubigen vor Gott kam in der Kirche jedoch nicht zum Ausdruck. Große Unterschiede und deutlich spürbare Grenzen bestimmten das Bild – zwischen Arm und Reich, zwischen Mann und Frau, zwischen Bauern und Gesinde …

Auch das Verhalten der Dorfmitglieder ließ aus des Pfarrers Sicht zu wünschen übrig. Ständig beklagten sich die Geistlichen über die mangelnde Gottesfürchtigkeit der Leute. Und es waren nicht nur die Lausbuben, die den Gottesdienst störten. Auch die Erwachsenen scheinen oft schon während des Gottesdienstes geistig nicht bei den Worten des Pfarrers, sondern längst beim Frühschoppen gewesen zu sein.

In der Dorfkirche Tischardt kann man sich sogar gut vorstellen, dass die große Treppe zur Empore genutzt wurde, um sich unbemerkt und vorzeitig auf dem Außenweg zu entfernen.

Ehe

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Ehe damals und heute. Pfarrer Matthias Koschar vergleicht die Ehe heute mit der Ehe um 1900.

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Heute gilt eine Ehe als Bund zweier Menschen, die sich lieben. Sie finden aus freien Stücken zueinander und beschließen, ihr Leben zusammen zu verbringen.

Solche Freiheiten boten sich in der bäuerlichen Lebenswelt mitnichten. Gehörten etwa Mann und Frau nicht derselben Konfession an, hatten sie mit oft unüberwindlichen Hürden zu tun. Aber nicht allein der Glaube stand vor der Liebe. „Sach kommt zu Sach!“, hieß es. Es musste also standesgemäß geheiratet werden; wer mit wem zusammenkam, legten die Vätern fest. Nicht immer ging es dabei darum gehen, die eigene Macht und Reichtum zu erhalten oder gar zu vermehren. Oft waren es schiere Gründe des Überlebens. So heißt ein alter schwäbischer Spruch: „Schönheit vergange / Liebe vergesse / etzt, wa fresse?“

Die Kirche als Tor nach außen

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Die Rolle des Geistigen im Dorfleben. Pfarrer Koschar über die Karrieremöglichkeiten durch die Kirche.

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Die Dichter Eduard Mörike und Gustav Schwab, die zur Schwäbischen Dichterschule zu Beginn des 19. Jahrhunderts gerechnet werden, gehörten beide dem evangelischen Pfarrersstand an. Die Philosophen Friedrich W. J. Schelling und Georg W. F. Hegel haben gar zusammen mit dem bedeutenden Lyriker Friedrich Hölderlin im Tübinger Stift Theologie studiert. Wohlgemerkt: Keiner der drei hat dann auch das Leben eines Pfarrers geführt.